Liebe Forumsgemeinde,

wie ihr sicher bemerkt habt, war unser Board die letzten zwei Tage offline.
Der Grund: Unser Hosting-Provider musste wegen eines massiven Wasserschadens ein komplettes Rechenzentrum vom Netz nehmen und konnte die Probleme nicht so schnell beheben.

Wenn solch ein Ausfall auftritt, dann versuchen wir immer, euch auf Holsteins Forum auf transfermarkt.de darüber zu informieren. So auch diesmal geschehen: https://www.transfermarkt.de/zum-storch ... chor_39436
Wenn ihr das Forum also einmal nicht erreichen könnt, schaut gerne dort nach.

Euer Board-Team


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KSV-Taktik 2018/19

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#61

Beitrag von Scruffy » Mo 24. Sep 2018, 12:16

Sehr interessant, danke. Ich fand den Spielaufbau deutlich ansprechender als in den Spielen zuvor. Ich denke, dass das Spiel ein großer Schritt in die richtige Richtung war.

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#62

Beitrag von DSummer » Mo 24. Sep 2018, 15:08

Hawkeye hat geschrieben:Danke für die Analyse.
Scruffy hat geschrieben:Sehr interessant, danke.
lachsmil
Hawkeye hat geschrieben:Spielt Bochum häufig mit langen Bällen?
Wenn ich mir so die letzten Spielestatistiken der Bochumer anschaue, haben sie in Kiel ihr Auswärtsgesicht gezeigt. D.h. schnelleres Spiel nach vorne und früherer Abschluss. Zu Hause haben sie auch einige Fernschüsse, aber im Verhältnis mehr Abschlüsse aus dem Strafraum.

Kiel liegt mit 12,7 Schüssen pro Spiel im Mittelfeld der Liga, davon vier Schüsse von außerhalb des Strafraum sind kurz vor der Abstiegszone. Ich glaube, die Kieler Spielweise ist hier ausschlaggebend, wie du selbst schon sagst. Die gegnerischen Teams stehen einerseits recht tief und kompakt gegen Kiel, andererseits führt der starke Flügelfokus eher zu Flanken oder Angriffen in den 16er, dementsprechend dann auch die Abschlüsse. Die Qualität kann ich schwer einschätzen, aber Meffert, Mühling haben in dieser Saison schon Fernschusstore erzielt. Scheint also zu gehen. Geht man nach den Wahrscheinlichkeiten für Fernschusstore, sollte man eher versuchen in die Box zu kommen.

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#63

Beitrag von DSummer » Mo 24. Sep 2018, 15:13

Vor dem 7. Spieltag bei Union Berlin

Letztes Jahr gab es eine spektakuläre 4:3 Niederlage für Kiel im Stadion an der alten Försterei. Im Rückspiel im Kiel gabe es wieder einige Tore und eine gerechte Punkteteilung zu sehen. Berlin spielte in der letzten Saison noch einen sehr offensiven Ball, Urs Fischer änderte dies, stabilisierte die Abwehr und entwickelte Union zu einem eher reaktiven, konternden Team.

Im 4-2-3-1, tw. auch als 4-3-3 gespielt, steht Berlin kompakt und versucht dem Gegner den Spielaufbau schwer zu machen. Dies klappte bisher zufriedenstellend: Union ist als einziges Zweitligateam noch ungeschlagen.

Union baut das eigene Spiel ruhig in der eigenen Hälfte über die Innenverteidigung und breit stehende Außenverteidiger auf. Es fehlt ab und zu ein Verbindungsspieler ins offensive Drittel – das scheint ein grundsätzliches Problem der zweiten Liga zu sein. Knapp die Hälfte der Angriffe erfolgt über die rechte Seite mit Gogia und Trimmel. Das Mittelfeld überbrücken sie mit langen Bällen, versuchen hinter die letzte Abwehrkette zu kommen oder den zweiten Ball zu erobern. Sie versuchen mit Steilpässen zwischen den Pressinglinien und mit kreuzenden Spielern ebenfalls in gefährliche Positionen zu kommen. Union greift auf Abschlüsse außerhalb des Strafraums zurück.

Gegen den Ball rücken die Spieler schnell zurück und verteidigen im kompakten 4-4-2/4-3-1-2 verhindern so Bälle ins Zentrum. Gute Zweikampfwerte auch bei hohen Bällen machen es dem Gegner bei Standards und Flanken schwer. Union spielt ein Mittelfeldpressing und greift an, nachdem der Gegner auf die Flügel gelenkt wurde. Ihr offensives Umschaltspiel ist stark. Nach Ballgewinn geht es mit wenigen Ballkontakten und schnellen Verlagerungen in die freien Räume der gegnerischen Abwehr.

Was für ein Spiel erwartet Kiel also in Berlin?

- Berlin wird Kiel mehr Ballbesitz überlassen und Kiel auf die Flügel lenken. Beides entspricht dem gewollten Kieler Spiel.
- Kiels Restverteidigung muss weiterhin aufmerksam sein. Individuelle Fehler im Aufbauspiel sind gegen Berlins Konterstärke möglicherweise teuer. Im letzten Drittel darf Kiel nicht zu passiv verteidigen, da Berlin sonst zu gefährlichen Fernschüssen ansetzen könnte.
- Kiels Überladungen in den offensiven Halbräumen v.a. auf der linken Seite könnten wie gegen Bochum zum Erfolg führen. Möglicherweise variiert Kiel hier mehr und nutzt auch die rechte Seite.
- Va.a Lee und aber auch Mühling könnten ihre Stärken im Zwischenlinienraum ausspielen und Union aus der geordneten Abwehr rauslocken.
- Die Aufstellung könnte auf Kieler Seite so bleiben wie gegen Bochum. Das Walter’sche Spielsystem wirkt offensiv wie defensiv zunehmend strukturierter und mit den Außenpaaren van den Bergh/Honsak und Herrmann/Dehm stabiler.

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#64

Beitrag von Jupp » Mi 26. Sep 2018, 16:03

Jetzt bin ich aber mal gespannt, was die/der Experte zum Spiel sagt. Viele haben ein 442 gesehen, ich tue mich mit dem Wissen, was es eigentlich sein sollte, recht schwer, das so zu lesen. Ich sehe einen Rückschritt zum Spiel gegen Bochum in der Stabilität hinten und eine deutliche Aufgabenüberlastung von Jojo und Dehm. Sicher spielte die verletzungsbedingte Auswechslung von Honsak eine entscheidende Rolle und schwächte unseren Angriff extrem. Ich freue mich auf die Fakten.
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Re: KSV-Taktik 2018/19

#65

Beitrag von DSummer » Mi 26. Sep 2018, 19:07

Jupp hat geschrieben:Jetzt bin ich aber mal gespannt, was die/der Experte zum Spiel sagt.[...]
Ich bin zwar kein Experte, habe aber trotzdem mal was geschrieben.

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#66

Beitrag von Scruffy » Mi 26. Sep 2018, 19:22

Also Experte trifft das schon ganz gut. Mal nicht so bescheiden.

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#67

Beitrag von DSummer » Mi 26. Sep 2018, 19:23

7. Spieltag, 25.09.18, 18:30, Union Berlin - Holstein Kiel 2:0
2 - 3 - 2; [T - GT] 9:10; [Pkt] 9
Ähnlich wie gegen Bochum bleibt das Gefühl, dass in diesem Spiel mehr drin gewesen wäre. Es bleibt bei 9 Punkten und noch 31 zu holenden.

Systemwechsel

Das 4-2-3-1 stand in letzter Zeit von unterschiedlichen Seiten auf dem Prüfstand. In Berlin überraschte Walter nun mit einer neuen Ordnung, die am ehesten als asymmetrisches 4-4-2 mit Mittelfeldraute auf dem Platz umgesetzt wurde. Hierfür rückte Meffert für Herrmann in die Start11 zurück. Dehm verteidigte rechts. Meffert war fester 6er, Kinsombi und Mühling die äußeren Rautenspieler. Lee auf der 10, Serra im Sturm und Schindler als freier offensiver Spieler.
7_Aufstellung_Berlin.jpg
7_Aufstellung_Berlin.jpg (30.11 KiB) 3717 mal betrachtet
Urs Fischer auf der anderen Seite wechselte auf drei Positionen, u.a. den in Kiel gut bekannten Lenz auf die Linksverteidigerposition. Union stand defensiv im 4-4-2, offensiv im 4-2-3-1.

Kiel überrascht

Erstmals in dieser Saison wich Kiel vom 4-2-3-1 ab und spielte im Ballbesitz im 4-4-2 mit Raute, zumindest fast. Schindler hatte nach seiner Einwechslung eine sehr freie Rolle: Grundsätzlich positionierte er sich in etwas auf Serras Höhe als zweiter Stürmer, ließ sich aber auch etwas fallen oder wich von der linken auf die rechte Seite aus. Zudem wich Kinsombi vom Flügel auch in die zentrale Defensive zurück. Das Kieler System war folglich leicht asymmetrisch zur rechten Seite hin und baute viele Angriffe über das Zentrum auf. Gegen Bochum lief es noch deutlich flügellastiger.

Dies schien Union so nicht erwartet zu haben. Meffert als erste Anspielstation im Zentrum konnte das Spiel ohne große Pressingefahr aufbauen und suchte Kinsombi oder Mühling als Passempfänger in den Halbräumen. Von dort konnte Kiel durch die vielen Bewegungen Serras, Schindlers und Lees über den Zwischenlinienraum an die letzte Linie Berlins steilpassen.

Gelang es nun mit dem ersten Kontakt direkt die Offensivaktion einzuleiten - Chip hinter die Abwehr, Steilpass zwischen die Verteidiger, Liniendurchbruch mit Dribbling - kam Kiel wie bereits gegen Bochum in die offensiven Halbräume, aus denen einige gute Torraumszenen entstanden.
Fehlende Präzision im Pass oder Abschluss, eine versprungene Ballannahme und -verarbeitung verhinderten hier eine Führung.

Union hielt im abwartenden 4-4-2 Mittelfeldpressing gegen die Kieler Bemühungen. Der zusätzliche Offensivspieler bereitete den Gastgebern aber Zuordnungs- und Abstimmungsprobleme. Zluj und Andersson liefen die Kieler Innenverteidiger um die Mittellinie an, Kiel wich meist etwas zurück, öffnete damit den Raum im Zentrum, indem dann Meffert oder Kinsombi mit einfach Bewegungen anspielbar wurden. In einigen Szenen konnte einer der Innenverteidiger vor oder einer der Außenverteidiger in diesen Raum einrücken.

Gegen den ballführenden Mittelfeldspieler rückte Union schnell mit prömel oder Schiedebach raus. Kiel schob aber schnell vor in ein 4-1-3-2, sodass sich gute horizontale Passoptionen auftaten, sofern ein direktes Weiterleiten nicht möglich war. Auch hatte Union Schwierigkeiten damit die spieleröffnenden Diagonalbälle der Kieler Innenverteidiger (z.B. Schmidt auf Kinsombi) zuzustellen. Einerseits ließen die beiden Zluj und Andersson diese Pässe zu, andererseits verfolgte das Berliner Mittelfeld die Bewegungen des Kieler Mittelfelds zu inkonsequent.

Kiel stand gegen den Ball zunächst in einem klaren 4-4-2 mit Raute, wich mit Kinsombi und Mühling aber während des Berliner Aufbauspiels zurück in ein 4-3-1-2/ 4-3-2-1. Bei flachem Spielaufbau schoben die Berliner Außenverteidiger vor, die Innenverteidigung fächerte auf, die darauf oft von Serra und Schindler angelaufen wurden. Lee blockierte eine kurzes Zuspiel ins Zentrum. So erfolgten einige längere Bälle mit dem Zielspieler Andersson.

Über gewonnene zweite oder verlängerte Bälle auf die Flügelpositionen schlug Berlin Flanken ins Zentrum auf die nachrückenden Mittelfeldspieler.
Die hinterlaufenden Berliner Spieler hatten bei gelungen Aktionen oft einen Tempovorteil gegenüber den leicht aufgerückten Kieler Außenverteidigern.
Auch bei Standards konnte Berlin sein einstudiertes Spiel bei ruhendem Ball zeigen. Die Freistöße oder Ecken kamen präzise auf bestimmte Positionen, die die Berliner mit zwei oder drei Spielern überbesetzten, so freiblocken und köpfen konnten.

Berlin reagiert

Spätestens in der zweiten Halbzeit reagierte Union auf das unerwartete System der Kieler. Berlin intensivierte seine Pressingaktivitäten, griff höher und früher an - nichts neues für Kiel in späteren Spielphasen (vgl. Fürth). Entscheidender war jedoch die Anpassung des Anlaufverhaltens der ersten Pressingreihe. Häufiger lief nur noch ein Spieler direkt gegen den ballführnden Kieler Abwehrspieler an, ein zweiter stellte den Passweg auf die 6 zu oder lauerte im Verbund mit dem höher stehenden 4er-Mittelfeld auf schnelleren Zugriff in dieser Zone. Dies entsprach dann eher einem 4-2-3-1. Auch Diagonalpässe aus der Abwehr heraus in Mittelfeld wurden so blockiert. Kronholm bekam in der Folge mehr Ballkontakte im Spielaufbau, Schmidt rückte leicht vor in den 6er-Raum wurde aber stets eng verfolgt, sodass Kiel mehr auf längere Bälle zurückgriff. Das Kieler Aufbauspiel kämpfte nun mit ähnlichen Problemen wie in vergangenen Spielen.

Union gewann in der Folge in höheren Positionen Bälle, baute so mehr Druck auf Kiel aus, die zurückgedrängt wurden. Sie spielten variabel über die Flügel, zogen in den Halbraum oder verlagerten das Spiel schnell. Zudem setzten sie auf den Flügeln im 1gegen1 auf Laufduelle gegen die Kieler Spieler. Aus tieferen Positionen nutzten sie lange Bälle auf seitliche Positionen um ans gegnerische Drittel zu gelangen. Wie groß der Druck war zeigt die Torschussstatistik: In der ersten Hälfte stand es 5 zu 3 für Kiel nach Torschüssen, in der zweiten Hälfte dagegen 12 zu 3 für Berlin.

Durch Berlins höheres und schnelleres Spiel entstanden für Kiel Räume im Zentrum. Kiels gewann auf den Flügelpositionen oder im Gegenpressing einige Bälle, suchte sofort den vertikalen Weg in den Raum für Gegenstöße. Auch Berlin versuchte mit diagonalen Bällen die Kieler Reihen zu durchspielen. Vielleicht hat sich Kiel von diesem chaotischeren Spiel zu sehr anstecken lassen, sie verloren bei einigen Defensivaktionen die eigene Ordnung. Berlin nutzte dies, wenn auch spät, im einem nicht ganz unverdienten Last-Minute-Sieg aus. Insgesamt erspielte sich Berlin über das Spiel einen xG von 1,9, Kiel mit 1,4 etwas weniger. Ein 2:1 wäre demnach zu erwarten gewesen.

Fazit

Kiel kann mehr als 4-2-3-1 und war eine Halbzeit lang gut im Spiel. Die Anpassungen Berlins in der zweiten Hälfte nahmen den Kieler Vorteil wieder.
Berlin war am Ende im Abschluss konsequenter und geht zwar als später, aber auch verdienter Sieger vom Platz.

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#68

Beitrag von DSummer » Fr 5. Okt 2018, 18:24

8. Spieltag, 28.09.18, 18:30, Holstein Kiel - SV Darmstadt 98 4:2
3 - 3 - 2; [T - GT] 13:12; [Pkt] 12

Trotz Unterzahl klingelt das Kieler Punktekonto dreifach. 28 Punkte sind demnach in den verbleibenden 26 Spielen noch zu holen. Kiel ist also auf einem guten Weg.

Zwei Wechsel


Darmstadt wechselte auf einer Position und startete in Kiel in einem defensiven 4-2-3-1 / 4-2-4.
8_Aufstellung_Darmstadt.jpg
8_Aufstellung_Darmstadt.jpg (31.21 KiB) 3482 mal betrachtet
Kiel ersetzte den verletzten Honsak durch Girth. Das neue 4-4-2-Spielsystem mit Raute spielte Kiel phasenweise wieder, mischte diesmal aber mehr mit dem bekannten 4-2-3-1.

Kiels Spiel

Kiel scheint mit der Raute im Mittelfeld ein funktionierendes System gefunden zu haben. Hatte Holstein im 4-2-3-1 zuletzt Probleme mit dem Ball ins letzte Drittel zu kommen, bietet die neue Staffelung im Mittelfeld und die beiden Sturmspitzen mehr Offensivoptionen und sind schwerer auszurechnen für den Gegner. 6er war Meffert, äußere Mittelfeldspieler Mühling und Kinsombi, Lee als 10er im Zentrum, Serra als feste Sturmspitze. Girth unterstützte als zweiter Stürmer über die rechte Seite.

In diesem System spielte Kiel mit Ball im 4-4-2 mit Raute, gegen den Ball im 4-3-1-2, wobei sich Mühling und Kinsombi zurückfallen ließen.
So klar wie das nun hier geschrieben steht war es tatsächlich nicht. Vielmehr zeigte sich die hohe Flexibilität in der Besetztung der Positionen und Fluidität des Systems. Z.B. Kinsombi tauschte mit Mühling die Seite, Wahl rückte ins Mittelfeld, Meffert zurück, Dehm nach vorne, Mühling nach hinten, Lee auf den Flügel, Girth ins Zentrum. Das Kieler Mittelfeld wurde von fast allen Feldspielern immer wieder besetzt, rein- und rausrotiert und rochiert.

Da Darmstadt sehr passiv verteidigte und sich schnell zurückdrängen ließ, hatte Kiel viel Raum und Zeit im Spielaufbau im eigenen und im Übergang zum mittleren Drittel. Die Kieler Spieler ließen sich ins Mittelfeld fallen, boten sich als Kombinations-, Verbindungs- oder Prellspieler an und orientierte sich im Anschluss sofort wieder nach vorne. Vor allem über den linken Flügel kam Kiel auch mit einigen langen Bällen hinter die Abwehr immer wieder in Strafraumnähe und konnte mit dem offensiv immer anspielbaren Lee Darmstadts Abwehr ausspielen.

Mühling machte ein starkes Spiel, war defensiv präsent, ließ über seine Seite wenig zu, kurbelte das Offensivspiel an, war als Absicherung der Offensivbemühungen zur Stelle und war zudem an einigen Offensivaktionen selbst beteiligt, auch in der zweiten hälfte zu zehnt. Mühling hat sich seit dem Zweitligaufstieg extrem weiterentwickelt und ist mittlererweile im Mittelfeld nicht mehr wegzudenken.

Darmstadts Spiel

Bei Darmstadt blieb Medojevic als 6er stets als Absicherung vor der Abwehr, Kempe unterstützte als Verbindungsspieler die Aufbaubmühungen der Gäste, ließ sich aber gegen den Ball als zweiter 6er fallen. Die vier Offensivspsieler (17, 19, 9, 20) versuchten das Kieler Aufbauspiel zumindest zu lenken. Da sich die beiden äußeren Spieler Heller und Sirigu meistens früh von den Kieler Außenspielern mit nach hinten ziehen ließen, konnte Kiel gegen Dursum und Wurtz mit weniger Gefahr aufbauen.

Kiel griff viel über die linke Seite an, van den Bergh schob dementsprechend weit vor. Dies bot Darmstadt auf dieser Seite ebenfalls Raum hinter van den Bergh, den sie mit langen Bällen oder Ablagen von Wurtz auf einen nachrückenden Mittelfeldspieler mit schnellen Kombinationen nutzen konnten.
Die Darmstädter verarbeiteten den Ball oft direkt mit der ersten Berührung, was den Kieler Abwehrspielern Probleme bereitete, da sie der Dynamik der Spielszene teilweise hinterherliefen.

Bei Ballbesitz schoben oft fünf Darmstädter Spieler vor (4-2-4), konnten so mit dem schellen, direkten Spiel über die Flügel nach Flanken oder Standards gute Torszenen rausspielen. Das Kieler Zentrum hatte Probleme die hohen Bälle ins Zentrum rauszuköpfen. Darmstadt wirkte hier energischer in den Aktionen, Kiel verteidigte im Raum und schien hier nicht immer eine klare Zuordnung herstellen zu können. Im Prinzip gelten diese Probleme auch auf der anderen Seite für die Darmstädter Abwehr. Beide Teams hatten Probleme beim Klären hoher Bälle.

Kiels drei Defensivspieler vor der Abwerh stabilisierten das Spiel gegen den Ball. Auch der defensive Umschaltmoment war durch die klarere Besetzung auf den Flügeln besser abgstimmt, sofern Darmstadt nicht mit hohem Tempo das Mittelfeld überbrücken konnte. Darmstadt verlor bei den Offensivbemühungen ein wenig die Verbindung zwischen Offensive und Defensive. Kiels Offensivspieler ließen sich in den Zwischenraum fallen und waren dort auch häufig mit Vertikalpässen und hohen Bällen nach Kieler Ballgewinnen erreichbar.

10 gegen 11

Die rote Karte für Dehm änderte wie gegen Heidenheim den Spielcharakter. Herrmann kam für Girth ins Spiel. Kiel hielt defensiv die Ordnung aus der ersten Hälfte, als Stürmer agierte nur noch Serra, der sich aber auch ins Mittelfeld fallen ließ. Mühling besetzte nun konsequent das rechte Mittelfeld. Für mehr Offensivgefahr wurde Rieder für Jones ausgewechselt, der sich auf dem rechten Flügel positionierte, Sirigu wich auf die Rechtsverteidgerposition zurück. Heller wechselte dafür auf die linke Seite. Darmstadt spielte nun häufiger im 4-1-3-2. Kiel rückte etwas zurück, Darmstadt 15 bis 20 m weiter vor.

Darmstadt hatte in der Folge deutlich mehr Ballbesitz, konnte mit diesem aber nur wenig anfangen. Für die sieben Kieler Defensivspieler fehlte die Geschwindigkeit in den Aktionen. Vor dem Platzverweis hatte Darmstadt 13 Torschüsse, nach dem Platzverweis nur noch vier. Von den insgesamt 17 Torschüssen, kamen bei Darmstadt nur drei aufs Tor, wobei aber zwei drin waren (xG 2,2, positiv durch den Elfmeter beeinflusst, ohne Elfmeter ca. 1,4). In der besten Darmstädter Druckphase zwischen der 25. und 30. Minute kamen die Lilien zu sieben Torschüssen und letztlich über den Elfmeter zum Tor. Kiel kam nach dem Platzverweis auch nur noch zu drei Torschüssen, insgesamt kam Kiel bei 14 Torschüssen, aber zu sechs Torschüssen, von denen vier den Weg ins Tor fanden (xG 1,8).

Dem vierte Kieler Tor durch Kinsombi ging eine schöne Doppelpass Kombination über den linken Flügel voraus, bei der Mühling vom rechten Flügel Kinsombi Rückraum der Abwehr fand. Darmstadt verteidigte hier zu tief und ohne Staffelung gegen den Ball. Den Rückraum vernachlässigten sie hierbei. Kiel nutzte diese Darmstädter Schwierigkeiten mit schnellen Gegenstößen nach Ballgewinnen, v.a. über die Räume neben Medojevic. So ergaben sich trotz Unterzahl einige Ballbesitzphasen für Kiel. Darmstadt fand gegen die tief verteidigenden Kielern mit ihrem aggressiven Pressing am Übergang zum Kieler Drittel nur selten Lücken. Griff Kiels Pressing auf den Flügeln nicht, kam Darmstadt mit Steilpässen an die Grundlinie, von wo aus mit Flanken Abnehmer im Zentrum gesucht wurden. Kiel sollte diese Versuche aber bis zum Schluss, mit mehr Präsenz im Strafraum als in der der ersten Hälfte, verteidigen können, sodass am Ende ein verdienter 4 zu 2 Heimsieg feststand.

Fazit

Kiel gewinnt auch in Unterzahl verdient gegen zu unkoordninierte Darmstädter. Beide Teams hatten Probleme hohe Bälle zu klären, Kiel konnte dies in der ersten Halbzeit besser ausnutzen. In der zweiten Hälfte war Darmstadt nicht kreativ genug gegen 10 Kieler Spieler, die im schnellen Umschaltspiel die größer werdenden Räume nutzten.

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#69

Beitrag von Scruffy » Fr 5. Okt 2018, 19:09

Danke, wieder mal eine schöne Analyse. Bestätigt mich auch in meiner Wahrnehmung, dass von Darmstadt in Überzahl weniger Gefahr ausging als zuvor.

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#70

Beitrag von DSummer » Do 11. Okt 2018, 20:27

Scruffy hat geschrieben:[...] schöne Analyse [...]

lachsmil Gleich gehts weiter ...

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#71

Beitrag von DSummer » Do 11. Okt 2018, 20:46

9. Spieltag, 06.10.18, 13:00, Erzgebirge Aue - Holstein Kiel 2:1
3 - 3 - 3; [T - GT] 14:14; [Pkt] 12

Kiel beendet das nächste Spiel nur zu zehnt und muss sich Aue geschlagen geben. Weiterhin 28 Punkte benötigt.

Aue mit 5er-Kette gegen Kiels Raute

Kiel trat im Erzgebirge im 4-4-2 mit Raute auf. Herrmann ersetzte den rotgesperrten Dehm als rechter Außenverteidiger. Mühling und Kinsombi tauschten im Mittelfeld die Seiten.
9_Aufstellung_Aue.jpg
9_Aufstellung_Aue.jpg (35.17 KiB) 3328 mal betrachtet
Aues Trainerteam änderte die Aufstellung auf vier Positionen, wobei vor allem die rechte Seite mit Rizzuto, Riese und Bertram durchgewechselt wurden. Daniel Meyer ließ sein Team im 3-5-2 auflaufen, was zu einigen interessanten Wechselwirkungen führte.

Aue schnell hinter die Kieler Außenverteidigungl

Die Gastgeber erkannten im Kieler Spielsystem Schwachstellen.Die hoch aufrückenden Kieler Außenverteidigern boten Raum für Angriffe über die Flügel, um diese zu erreichen spielte Aue nach Ballgewinn schnell ins Zentrum, wo der Ball von einem der zentralen Mittelfeldspieler direkt weitergeleitet wurde. In der Aufstellungsgrafik sind die Räume hinter den Kieler Außenverteidigern mit einem roten Viereck ersichtlich. V.a. hinter dem hoch aufrückendem van den Bergh fand Aue immer wieder Raum für schnelle Gegenstöße. Dabei variierten sie ihr Angriffsmuster über einen zurückfallenden Verbindungsspieler im Zentrum oder über direkte Weiterleitungen über die Flügel oder mit langen Bällen über die Flügel direkt in den Rücken der Kieler Abwehr.

Zudem störten sie die Kieler Aufbaubemühungen im 5er-Mittelfeld mit guter Staffelung früh und ließen sich falls notwendig zwar zurückdrängen, blieben aber in der 3er-Abwehrkette. Aue presste Kiel auf den Flügeln stets zu dritt, gerade zu Beginn des Spiels verlor Kiel hier schnell Bälle. Erst als die Unterstützung aus dem Mittelfeld größer wurde, konnte Kiel sich besser aus den Pressingsituationen lösen.

Kiel kam nur selten direkt ins Zentrum, da Hochscheidt oft den Kielr 6er, meistens Meffert, als zentralen Verbindungsspieler zustellte und in Zusammenarbeit mit den beiden Auer Stürmern das Spiel auf die Flügel lenkte. Erreichte Kiel eine zentrale Anspielstation im Mittelfeld, rückten Riese, Hochscheidt oder Fandrich schnell raus und lenkten das Kieler Spiel wiederum nach Außen.

Kiel sucht den Weg nach vorne

Trotz des sehr aktiven Pressings blieben die 3er-Abwehrkette stets als letzte Absicherung zurück, verhinderte für Kiel so die Option mit langen Bällen hinter die Abwehr zu kommen und nahm Kiel so die Geschwindikeit aus den Offensivaktionen. Das laufintensive und nicht immer ideal abgestimmte Spiel der Auer führte in einigen Pressingaktionen zu Freiräumen. Konnte Lee sich bspw. aus dem Pressing herausdrehen oder eine Lücke für einen Pass auf die Flügel finden, kam Kiel in den Strafraum. Aue rückte hier teilweise zu früh aus dem Zentrum in Richtung der Flügel heraus, sodass vorrückende Kieler Mittelfeldspieler nach dem Überspielen der Auer Pressinglinie auf die 3er-Kette zulaufen konnten. So konnte Mühling Kiel kurz vor der Halbzeit in Führung bringen. Die Auer 3er-Kette schob sich im letzten Drittel zusammen und sicherte so im 16er ab, zudem rückte der äußere Mittelfeldspieler ballnah zurück, sodass Kiel auch mit dem Freispielen auf den Flügeln keine klaren Torchancen erarbeiten konnte.

Kiel sicherte die Außenpositionen defensiv im Laufe des Spiels besser ab. Van den Bergh und Herrmann rückten seltener mit nach vorne, Mühling und Kinsombi hielten ihre Außenpositionen im Mittelfeld strikter ein. Dies erschwerte es Aue den anfangs erfolgreichen Spielstil fortzusetzen. Aue schob die äußeren Spieler der 5er-Kette weiter vor, die Kieler Paare Bergh/Mühling und Herrmann/Schindler wurde so defensiv gebunden. In der Folge hatte Kiel es zunehmend schwerer ins gegnerische Drittel zu kommen.

Aue suchte anschließend stärker den Weg durch das Zentrum. Die 3er-Abwehrkette fand oft eine Anspielstation im eigenen 5er-Mittelfeld und konnte das Spiel dann mit schnellen Diagonalbällen durch die Kieler Linien spielen (vgl. Grafik). Die Mittelfeldraute begünstigte diese diagonale Spielweise. Kiels Staffelung war gegen den Ball in einigen Aktionen zu gestreckt, bot so einige größere Räume in der eigenen Hälfte an, die Aue mit langen Bällen aus der Abwehr heraus suchte. Hier zeigten sich wie in den vergangenen Spielen die Probleme der Kieler Abwehr bei hohen Bällen. Teilweise stimmte das Timing beim Rausrücken nicht, teilweise verunglückte die Ballannahme unter Bedrängnis, teilweise waren die Auer auch ungedeckt - alles führte zu schnellen Torabschlüssen der Gastgeber.

Zu neun Schüssen kam Kiel, drei aus dem Strafraum und auch drei aufs Tor, bei einem Treffer. Im Ergebnis kam so nur ein schwacher xG von 0,5 zustande. Bei Aue sah es besser aus: 18 Schüsse, 13 aus dem Strafraum und acht aufs Tor, xG von 1,8. Später, aber verdienter Sieg.


Fazit

Aue nutzt die Schwächen des Kieler Spielsystems gut aus. Kiel hatte Probleme mit der starken Mittelfeldpräsenz Aues im 3-5-2. Am Ende gewinnt Aue mit dem deutlich größeren Willen in der Schlussphase verdient.

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#72

Beitrag von Hawkeye » Fr 12. Okt 2018, 01:04

Danke für die Analyse. Ich denke, die offenen Räume hinter unseren AV werden uns in der Saison noch oft Kopfschmerzen bereiten.
"Ich habe nach dem Spiel in der Kabine viele verwirrte Menschen getroffen."
Kiel-Trainer Ole Werner 13.01.21

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#73

Beitrag von hensch » So 14. Okt 2018, 02:13

Die offenen Räume ließen sich mit einer Umstellung auf 4-2-3-1 durchaus wieder verändern. Nur fehlt dafür derzeit das Personal (Verletzungen Honsak/Seydel, Formschwäche Schindler/Lewerenz) und dann wäre unter Umständen wieder die Konteranfälligkeit im Zentrum, die zuletzt durch den mindestens einen Mann mehr im Zentrum ganz gut abgestellt wurde, das Kernproblem.

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Re: KSV-Taktik 2018/19

#74

Beitrag von DSummer » Fr 26. Okt 2018, 18:19

10. Spieltag, 20.10.18, 13:00, Holstein Kiel - 1. FC Köln 1:1

3 - 4 - 3; [T - GT] 15:15; [Pkt] 13

Ein anfangs brisantes, dann aber ereignisarmes Spiel findet verdient keinen Sieger.

Alte Bekannte


Auf Kieler Seite rückten Dehm für Herrmann und Okugawa für Lee ins Team. Gegen die spielstarken Kölner verdichtete Kiel in einem engmaschigen 4-3-3 das Mittelfeld.
10_Köln_Aufstellung.jpg
10_Köln_Aufstellung.jpg (30.11 KiB) 2931 mal betrachtet
Der Rückkehr von Markus Anfang und den beiden Ex-Kielern Czichos und Drexler wurden vor dem Spiel viel Aufmerksamkeit gewidmet. Anfang musste aufgrund vieler Verletzungen auf fünf Positionen wechseln und kam in einem 4-2-3-1 bzw. dem bekannten 4-1-4-1 nach Kiel.

Kiel kompakt im 4-3-3


Die Spielweise von Markus Anfang beim Spielaufbau ist hier gut bekannt: Die Außenverteidiger rücken in den Halbraum ein und bilden mit dem 6er eine 3er-Kette vor den Innenverteidigern. Gleichzeitig positionieren sich die Offensivspieler an der letzten Kette, lassen sich situativ fallen und agieren als Verbindungsspieler über den Halbraum ins letzte Drittel.

Kiel konterte diese Spielweise mit einer im Mittelfels sehr kompakten Grundordnung. Serra, Girth und Okugawa bildeten in direkter Manndeckung gegen den Köner Aufbau-6er Hector und die Außenverteidiger die erste Pressinglinie. Dahinter formierten sich Kinsombi, Meffert und Mühling im 4-3-3-System. Situativ rückten Kinsombi oder Mühling zusätzlich auf den Außenpositionen mit raus.
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Köln hatte folglich Probleme in einen geordneten Spielaufbau über das Zentrum zu kommen und suchte über die zurückweichenden Flügelspieler den Weg nach vorne. Hierbei wählten sie in mehr als der Hälfte der Angriffe den Weg über die rechte Seite mit Schmitz.

Insgesamt verschob Köln bei eigenem Ballbesitz zu dieser rechten Seite hin, sodass auf der ballfernen linken Seite Drexler oft verwaist nah am Seitenaus auf Zuspiele wartete und so vor allem nach Seitenverlagerungen mit viel Raum vor sich über den Flügel an den Kieler 16er sprinten und in Dribblings gehen konnte. Das Pressing der Kieler variierte von einem zunächst eher abwartendem Pressing, bei dem die beiden Kölner Innenverteidiger in Ruhe aufbauen konnten, zu einem Pressing, bei welchem einer der drei Offensivkräfte den ballführenden Kölner Innenverteidiger schnell anlief.


Köln kompakt mit engen Ketten


Kiel versuchte es bei Ballbesitz mit schnellen Pässen über die Außen ins letzte Drittel zu spielen. Kinsombi bzw. Mühling agierten als Verbindungsspieler, die den Ball direkt weiterleiten sollten. Die Innenverteidigung stellte sich dabei breit auf. Die Kieler Offensivspieler versuchten die offensiven Halbräume oder Außenpositionen durch schnelles Nachrücken zu überladen, um dort in einem engen Kombinationsspiel in den 16er zu kommen oder Flanken zu schlagen. Hier fehlte aber wie in den letzten Spielen häufiger die Genauigkeit im Zuspiel und der Annahme und das Timing für Läufe und Abschlüsse.

Köln verteidigte auf den Flügelpositionen mit den rausrückenden defensiven Mittelfeldspielern oft im Doppel, sodass vor allem der Pass zur Grundlinie abgefangen oder unterbunden wurde. Schmidt spielte aus der Abwehr heraus einige lange Bälle ins letzte Drittel, ebenso versuchten es die Mittelfelsspieler mit einigen Chips hinter die Abwehr der Kölner in den Strafraum zu kommen. Die Ruhe der Kölner Abwehrspieler verhinderte hier oftmals gefährliche Situationen. Vielmehr nutzte Köln die Überladungen der Außenpositionen Kiels im letzten Drittel aus, um mit schnellen Seitenwechseln aus die ballferne Seite den frei gewordenen Raum auszuspielen.

Köln spielte gegen den Ball zumeist mit zwei 6ern im 4-2-3-1, oder 4-4-1-1. Das Mittelfeld positionierte sich breit, sodass die Kieler Bemühungen über die Außen früh blockiert wurden. Kiel schob die Außenverteidiger auf die Höhe des 6ers Meffert vor, Kinsombi und Mühling blieben zumeist in den Halbräumen leicht versetzt hinter dem Offensivtrio. So ergab sich beim Kieler Spielaufbau ein 2-3-2-3-System, welches nach Ballverlust schnell wieder in die Defensive 4-3-3-Grundordnung zurückwechseln konnte. Die beiden 4er-Ketten der Gäste erschwerten es Kiel mit gutem Stellungsspiel und erfolgreichen Zweikämpfen im Übergang zum letzten Drittel in den 16er zu kommen.

Konnte Kiel den FC ins eigene Drittel zurückdrängen und mit dem eigenen Team aufrücken, hatten die Kölner Probleme sich aus dieser Umklammerung zu befreien. Kiel sicherte den Rückraum gut ab, positionierte sich zudem sehr breit und war dementsprechend im letzten Drittel überall in Ballnähefür ein direktes Gegenpressing.

Insgesamt blieb es ein Spiel ohne große Torchancen, bei dem es nicht verwunderlich ist, dass beide Tore aus Fehlern der Abwehr resultierten. So war der erste Kieler Torschuss bzw. Kopfball aufs Tor auch im Tor. Köln kam auf drei Schüsse aufs Tor, einer außerhalb des 16m-Raums, einer knapp innerhlab und ein Elfmeter. Folglich ergab sich ein überschaubarer xG der Teams: Kiel kam auf ein xG von 0,6, Köln auf 1,1 (ohne Elfmeter etwa 0,3).

Fazit


Beide Teams verteidigen gut. Kiel hat im 4-3-3 ein gutes Konzept gegen das bekannte Anfang'sche Spielsystem gefunden. Köln fokussiert sich auf eine stabile Defensive und findet nur selten den Weg ins Zentrum. Am Ende steht ein gerechtes Unentschieden.

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DSummer
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Re: KSV-Taktik 2018/19

#75

Beitrag von DSummer » Mi 31. Okt 2018, 19:34

11. Spieltag, 29.10.18, 13:30, FC St. Pauli - Holstein Kiel 0:1
4 - 4 - 3; [T - GT] 16:15; [Pkt] 16

Kiel im Soll: 16 Punkte nach elf Spielen und Platz zehn in der Tabelle mit bereits sieben Punkten Puffer auf Platz 16.

Derbyzeit

Auf Kieler Seite kam Schindler nach seiner Sperre zurück in den rechten Offensivraum. Kiel spielte im 4-3-3.
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St. Pauli wechselte auf drei Positionen und startete im 4-2-3-1, änderte sein System defensiv aber in Richtung 4-4-2.

Flexibles 4-3-3

Kiel scheint sich nun im 4-3-3 eingespielt und damit ein neues Grundsystem gefunden zu haben. Das System wird sehr flexibel interpretiert. Meffert sichert als 6er tief ab, Mühling und Kinsombi rückten mit Ball als 8er vor, gegen den Ball stoßen sie in die Halbräume und verteidigen offensiv. Schindler und Okugawa laufen auf den Flügeln an, sichern aber die Vorwärtsbewegungen der 8er ab. Serra lenkt das gegnerische Aufbauspiel zu einem Flügel, ließ sich aber auch ins Mittelfeld fallen, ehe dort auf engerem Raum Pressingzugriff hergestellt wird. Kiel lauerte auf Zuspiele ins Zentrum, die einer der Kieler 8er/6er oft antizipierten und dementsprechend sofort im Pressing waren. Die vielen Positionswechsel in diesem pressingintensivem Spiel führen zu vielen Übergangsformationen, das 4-3-3 bleibt dabei dir Grundidee. Das Kieler Pressing führte zu einigen langen Bällen St. Paulis, die Kiel weitestgehend souverän unter Kontrolle brachte.

Schnelle Vertikalpässe


Kiel suchte mit dem Ball über die offensiven Halbräume den Weg nach vorne. Bspw. wurde Okugawa mit einem Steilpass von Wahl im rechten Halbraum angespielt und leitete den Ball mit der ersten Berührung auf den hinterlaufenden van den Bergh oder Kinsombi. So kamen die Gäste, v.a. über den offensiv aktiven van den Bergh, an den rechten Hamburger Strafraumrand. Kiel war bemüht das Spiel breit zu machen, um Lücken zwischen den Hamburger Linien zu reißen. St. Pauli reagierte und verteidigte in der eigenen Hälfte mit zwei dichten 4er-Ketten. Mit schnellen Seitenverlagerungen über einen zurückweichenden Innenverteidiger nutze Kiel den Raum auf der ballfernen Seite. St. Pauli schob stark auf die ballführende Seite, was Kiel so ausnutzen konnte.

Probleme bei der Strafraumverteidigung


St. Pauli erarbeitete sich über die Flügel an und in den Strafraum. Mit dem weiträumig ausweichendem Daehli überluden die Gastgeber die offensiven Halbräume - in der ersten Halbzeit zumeist den rechten, in der zweiten Halbzeit den linken - und suchten wie auch die vorangegangenen Kieler Gegner die Räume hinter den vorrückenden Außenverteidigern. Besonders nachdem Daehli in einen 1 gegen 1 Zweikampf isoliert werden konnte ergaben sich für St. Pauli gute Strafraumszenen. Seine Dribblings mit Zug in den Strafraum waren schwer zu verteidigen und führten in vielen Duellen zu Flanken in den Strafraum.Die tiefe Strafraumverteidigung ist aktuell ein wenig das Sorgenkind Holsteins. Die Außenspieler konnten in der Rückwärtsbewegung mit schnellen Steilpässen hinterspielt werden, zudem waren sie im Zweikampf zu passiv auf den Flügelpositionen. Die Innenverteidigung stand hatte mit Stellungsproblemen zu kämpfen.

Munteres Spiel

Das Führungstor Kiels zwang St. Pauli offensiver zu spielen. Die offensiven Wechsel brachten mehr Anspielstationen in hohen Spielpositionen, gleichzeitig aber auch mehr Raum für Kieler Gegenstöße. Kinsombi war hier ein zentraler Drehpunkt im Umschaltspiel der Kieler. Sein Spiegelbild sollte Daehli sein, der mit seinen Dribblings, Steilpässen und eigenen Abschlüssen ständiger Unruheherd war. Das bis dato sehr unterhaltsame Spiel gewann so nochmal an Attraktivität und hätte aufgrund der Chancenqualität auch 2:2 ausgehen können (xG St. Pauli = 1,7, Kiel = 1,6).

Fazit

Kiel gewinnt in einem attraktiven Spiel, in welchem vor allem die Offenivreihen überzeugten, das nächste Nordderby. Hamburg scheint den Kieler in dieser Saison zu liegen. Die vertikale Spielweise im 4-3-3 passt ebenfalls gut zu Holstein Kiel. Die Defensivprobleme bei der Verteidigung der Flügel und im Strafraum wird in den nächsten Spielen nachziehen.

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