Joschi hat geschrieben:holli hat geschrieben:BWR hat geschrieben:holli hat geschrieben:Die Entwicklung zu dem, was hier von vielen kritisiert wird, begann in Deutschland doch schon mit der Einführung des "Vertragsspielers" nach dem Krieg. Spätestens von da an, ging es in erster Linie, um die Kohle. Andere Nationen wie z.B. England oder Österreich, waren damit schon viel früher konfrontiert.
Ja, das Bosman-Urteil hat das Geschäft vielleicht nochmal ein wenig beeinflußt aber natürlich nicht grundsätzlich verändert.
Der Profifussball war, ist und bleibt für die Protagonisten ein Geschäft.
So muss man das sehen und verstehen, dann fält es auch nicht so schwer, die aktuelle Situation zu akzeptieren.
Alles richtig. Im Unterschied zum "normalen" Geschäft lebt der Fußball allerdings sehr viel mehr von Emotionen, vom teilweise selbstlosen, jedenfalls aber unentgeltlichen Einsatz der Fans für....das Geschäft. Vor dem Citti-Markt zum Beispiel habe ich noch nie ganze Horden von Käufern gesehen, die im Chor "Oh Du wunderschöner Citti-Markt" singen.
Ohne den emotionalen Einsatz der Fans würde der Profi-Fußball in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Das sollten die Verantwortlichen sich immer mal wieder in Erinnerung rufen und versuchen, die richtige Balance zwischen Profitdenken und
Emotionalität finden.
Wie willst du das bei den Spielern machen?... Emotionalität verordnen?
Ich habe ja explizit den Zusammenhang zwischen Spieler (Protagonisten) und Geschäft hergestellt.
Das wir als Fans dass ganze völlig anders angehen, muss ich wohl nicht erwähnen.
Also, ich will mich nur nicht selbst betrügen und glauben, dass die Spieler wegen irgendetwas anderem als ihren "Geschäften" hier arbeiten. Natürlich gibt es während dieser geschäftlichen Verbindung auch emotionale Momente und das Gefühl der Zusammengehörigkeit.
Spätestens aber zum Saisonenden wird's dann immer wieder das Geschäft, was im Mittelpunkt steht.
Das wird sich auch niemals ändern.
Völlig richtig. Und deswegen muss man sich meiner Meinung nach auch als Fan weiterentwickeln in der Profilandschaft. Ansonsten wird man bei zuviel Naivität im Glauben der Verbundenheit von Spielern zum Verein am Ende immer enttäsucht sein/werden, wenn man diese einstudierten Verbundenheitsrituale von Spielern ernst nimmt.
Als Fan weiterentwickeln, damit meine ich eben, wenn man so will, in gewisser Weise das Verlassen der "Opferrolle" des "Verlassenen" indem man Spieler konsequenter nach Leistung und weniger nach Sympathiewerten beurteilt. Dann geht es eben weniger um den lieben Honsi, sondern darum, ob seine Leistung unseren Ansprüchen genügt Und dann muss es auch bei einem Spieler, der seinem Vertrag nicht rechtzeitig verlängern will, automatisch heißen: Ab vom Hof mit Gewinn.
Natürlich wird man sich einer emotionalen Bindung nicht in jedem Fall verschließen können/wollen. Das wäre in der Konsequenz ja auch wieder kontraproduktiv, da dies Teil des Erlebnischarakters der ganzen Veranstaltung ist. Aber eine konsequentere Kosten-Nutzen-Analyse bei jedem einzelnen Spieler bringt einen auch als Fan in eine weniger pasive Rolle und sorgt sozusagen zumindest gefühlt für mehr "Waffengleichheit".
Ist zwar nicht das Thema, aber die Moderatoren werden ja vielleicht ein Auge zudrücken, weil die Saison gelaufen ist. Diesen interessanten Diskussionsstrang möchte ich auch mit dem Faktor Lokalpatriotismus erweitern. Ich bin Kieler und ich mag Fussball. Wenn 1965 der FC Kilia Meister der Regionalliga Nord und seitdem der erfolgreichste Kieler Fussballverein geworden wäre, dann würde mich Holstein heute wohl nur peripher interessieren. Aber die Chronologie der KSV mit Auf- und Abgängen habe ich nunmal als Fussballinteressierter so nah wie möglich verfolgt. Als Anhänger wie die Fans früher hiessen.
Damals floss auch Geld, nicht so viel wie heute, und Spieler und Trainer kamen und gingen, nicht so oft wie heute! Damals gab es in Westdeutschland (Wir hatten den Kalten Krieg, die DDR und die Mauer!) aber ein ganz anderes soziales Gefüge in der Bevölkerung. Da gab es noch keine Internetbevormundung, keine Beeinflussung von Twitter- und Instagram – es war alles wesentlich gemütlicher und entschleunigt, wie man heute sagt. Da war der Cittimarkt noch ein Grosshandel für den Einzelhandel. Einzelhandel? Gibt’s heute gar nicht mehr. Mit der so genannten Wende hat sich viel gewandelt. Leider nicht zum Wohl von Lokalpatrioten. Es sind viele ausländische – insbesondere US-amerikanische Investoren und Meinungsbilder in unser Land geschwappt. Und ich denke, das ist auch am Fussball nicht vorbei gegangen. Sicherlich singen die Citti-Markt-Kunden nicht „Oh, Du wunderschöner Citti-Markt“, aber die Allmacht der Marken, der Labels und der Etiketten versklavt die Kundschaft und mit Hilfe des Internets werden wir zu abhängigen Vasallen gemacht. Und auch das ist nicht am Fussball vorbei gegangen.
Ist nur die Frage: Wie gehe ich damit um, nicht mehr der begeisterte Freund einer Fussballmannschaft zu sein, sondern der gläserne Kunde, der eine Show bezahlt, die von vielen Medien und viel, viel Geld beheizt wird. Mit Begeisterung und emotional? Oder Panem et Circenses, Brot und Spiele braucht das Volk, damit es die Klappe hält und nicht merkt, wie es verarscht wird? Die Mächtigen der Welt können nur mit einem durchdachten Plan ihre Macht erhalten. Und auch dafür wird wahrscheinlich mittlerweile Fussball, das Spiel, welches weltweit am meisten Aufmerksamkeit bekommt, benutzt!
Alt werden ist nichts für Feiglinge (U. Seeler)